Possibility Management zeigt neue Wahlmöglichkeiten auf. Im Bridge House unterstützen wir einander darin, aus dem niederen Drama in neue Möglichkeiten zu wechseln.
Legende darüber aus einem schrecklichen einen schönen Tag zu machen
Dieser Text ist mit Wut und Freude geschrieben.
"Häh, du fängst gerade eine neue Chemotherapie an und gehst in ein Bridge House 750 km entfernt von deinem vertrauten Umfeld und deinen Ärzten? Wie geht das?" Diese Fragen habe ich mit vielen Menschen in den letzten Monaten erörtert und mich trotzdem (manche wenige wissen, nach langem Ringen mit meiner emotionalen Angst mich zu überfordern und zuzumuten) für das Experiment entschieden. Meine Wut und Traurigkeit über mein Leben waren stärker.
Heute möchte ich von meinem Tag berichten, an dem ich am frühen Morgen mit dem geliehenen Rad am nebligen Bodensee bis Steckborn radelte, um dort nach einer Stunde mit der S-Bahn, Zug und Bus vor der neuen Arztpraxis zu stehen. Bevor ich reingehe, erinnere ich mich daran, mich erneut zu zentrieren, mein Erdungskabel zu deklarieren und meine persönliche Blase um mich zu spüren, in der nur meine Energie ist (ganz wichtig in überfüllten Arztpraxen). Ich fühle nicht nur Angst vor dem Unbekannten, sondern auch Freude, weil ich mein Ziel den Tag gut zu meistern seit dem Aufstehen fest im Visier habe. Mein wichtigstes Ziel ist es mich in der fremden Stadt nicht zu stressen und mit mir gut zu sein, egal was mir begegnet. Im Zug hilft es mir ein interessantes Buch dabei zu haben (Vivian Dittmar: Beziehungs-weise) damit ich nicht ins grübeln komme und mein liebevoll gerichtetes Lunchpaket und meinen selbst gekochten ayurvedischen Tee dabei zu haben.
In der ersten Position betrete ich das fremde Gebäude und bleibe gelassen, als mir mitgeteilt wird, dass ich noch warten muss, da gerade alle Chemoplätze belegt sind. Dann lese ich eben weiter. Nach einer halben Stunde geht es los und ich bin wieder überrascht, dass kein Arzt mit mir redet, sondern nur eine Onko-Schwester. Ich fühle Wut, weil ich zur aktuellen Begleitmedikation mit einem Arzt sprechen muss. Das ist mir ja noch nie begegnet, dass vor einer Chemo kein Arztkontakt stattfindet. Wie unseriös, Massenbetrieb, schießen mir die ersten kritischen Gedanken durch den Kopf. Jetzt fühle ich Ärger und möchte mich beschweren – im nächsten Moment merke ich, dass die Onko-Schwester viel Ahnung hat und mit mir zusammen eine Lösung finden möchte. Ich nutze meine Wut und frage sie ALLES, was ich brauche. Ich fühle Freude, dass ich ruhig und zentriert geblieben bin und dadurch eine gute Behandlung möglich ist. Ich lese diszipliniert mein Buch, weil ich nicht müde werden will und dann möchte ich auf dem Heimweg unbedingt noch in einen Laden für Künstlerbedarf gehen und mir Farben zum Malen kaufen (durch das Kortison bin ich immer sehr aufgedreht und aktiv). Im Laden sind sehr hilfsbereite Verkäufer und das Sortiment ist fein. Wieder scheine ich Glück zu haben. Erst kann ich mich wie gewöhnlich nicht entscheiden, weil es so viele tolle Stifte in vielen Farben und Ausführungen/Preisen gibt. Die schweizer Produkte locken mich auch. Dann erinnere ich mich, dass ich mir ja eine Freude machen will und kann mich für eine gute Auswahl zu einem stimmigen Endpreis entscheiden.
Jetzt, zurück zu Hause, kommt langsam die Müdigkeit und ich fühle Wut und Freude über den Tag, egal wie sich mein Körper heute eventuell noch melden wird. Dann sage ich mir: Das sind Kopfschmerzen. Das ist Übelkeit. Und ich suche Möglichkeiten nicht in den Opfer Sumpf zu gehen. Dabei hilft mir mein Team.
Zur Erklärung: Ich bekomme die Therapie Enhertu, das ist eine moderne zielgerichtete Therapie für fortgeschrittenen Brustkrebs, unter der man sein Leben normal weiterleben kann und soll. Die Nebenwirkungen sind normalerweise milder als bei einer Chemotherapie der ersten Generationen.
Ich möchte mich bei meinem Team bedanken, bei Kathrin, Jördis, Sandra, Dimitra, Alice, Millicent, Mareike, Pina, Annika und bei Kristina, Mukti und Heike zu Hause.
Legend about turning a terrible day into a beautiful one
This text is written with anger and joy.
What, you're just starting a new chemotherapy and going to a bridge house 750 km away from your familiar surroundings and your doctors? How does that work? I have discussed these questions with many people in the last few months and still decided to do the experiment (some few know, after a long struggle with my emotional fear of overtaxing and demanding too much of myself). My anger and sadness about my life were stronger.
Today I would like to tell you about my day when I cycled early in the morning on my borrowed bike along the foggy Lake Constance to Steckborn, only to find myself standing in front of the new doctor's office after an hour on the S-Bahn, train and bus. Before I go in, I remind myself to center myself again, declare my grounding cable and feel my personal bubble around me, in which only my energy is (very important in overcrowded doctor's offices). I not only feel fear of the unknown, but also joy because I have had my goal of getting through the day well in my sights since I got up. My most important goal is not to stress myself out in the new city and to be good with myself, no matter what I encounter. On the train, it helps me to have an interesting book with me so that I don't start to think too much, and to have my lovingly prepared packed lunch and my home-made Ayurvedic tea with me.
I enter the new building in the first position and remain calm when I am told that I still have to wait because all the chemo places are currently full. Then I just carry on reading. After half an hour it starts and I am surprised again that no doctor is talking to me, only an oncology nurse. I feel anger because I have to speak to a doctor about the current accompanying medication. I have never experienced this before, that there is no contact with a doctor before chemo. How dubious, mass production, the first critical thoughts flash through my mind. Now I feel angry and want to complain - the next moment I notice that the oncology nurse knows a lot and wants to find a solution with me. I use my anger and ask her EVERYTHING I need. I feel joy that I have remained calm and centered and that good treatment is possible as a result. I read my book in a disciplined manner because I don't want to get tired and then on the way home I really want to go to an art supply store and buy paints for painting (the cortisone always makes me very excited and active). The sales staff in the store are very helpful and the range is fine. I seem to be lucky again. At first, as usual, I can't decide because there are so many great pens in many colors and designs/prices. The Swiss products also appeal to me. Then I remember that I want to treat myself and can decide on a good selection at a reasonable final price. Now back home I'm slowly starting to feel tired and I feel joy and anger about the day, regardless of what my body might say today. Then I say to myself: That's a headache. That's nausea. And I look for ways to avoid getting into the victim swamp. My team helps me with that.
To explain: I'm receiving Enhertu therapy, which is a modern, targeted therapy for advanced breast cancer that allows you to and should carry on living your life normally. The side effects are usually milder than with first-generation chemotherapy.
I would like to thank my team, Kathrin, Jördis, Sandra, Dimitra, Alice, Millicent, Mareike, Pina, Annika and Kristina, Mukti and Heike at home.